Padel-Taktik: Die Frage nach der Schokoladenseite
Padel ist vor allem als Wettkampfsport sehr, sehr facettenreich. Während das Spiel nur so zum Spaß den Vorteil hat, dass auch tolle Ballwechsel entstehen, wenn die Niveaus der Spieler sehr unterschiedlich sind. Dabei spielt es auch nur eine untergeordnete Rolle, wer auf welcher Seite spielt. Hingegen ist Padel als Wettkampfsport eine sehr taktische Sportart, bei der vor allem das Stellungsspiel (wir hatten das Kapitel bereits) von großer Bedeutung ist. Das fängt bereits mit der Platzhälfte an, auf der gute Spieler im Prinzip ausschließlich spielen. Wenn Du erfahrenen Padel-Spielerinnen und Padel-Spielern zuschaust, wirst Du feststellen, dass sie immer nur auf einer Seite spielen. Das geht sogar soweit, dass die Athletinnen und Athleten der Weltrangliste sowie auch der deutschen Rangliste in ihren SpielerInnen-Porträts als „Drive“ oder „Revés“ gekennzeichnet sind. Dabei steht Drive für die Vorhandseite und Revés für die Rückhandseite. Die derzeitige Erstplatzierten der Damen-Weltrangliste Paula Josemaría Martín wird mit der „Playing Position Drive“ präsentiert, ihre Partnerin Ariana Sànchez Fallada als „Revés“. Paula ist Linkshänderin, Ariana spielt rechts. Bei den Herren zeigt sich dasselbe Bild. Die Führenden sind der Linkshänder Arturo Coello Manso und Augustín Tapia, der das Racket mit der rechten Hand spielt. Auch wenn die Top-Athletinnen und Top-Athleten gelegentlich Ihre Partner wechseln, würden sie aber nie auf die andere Spielfeldseite wechseln, man ist also im Profi wie im hochklassigen Wettkampfsport auf seine Schokoladenseite geeicht.
Flexiblere Return-Möglichkeiten
Taktisch ist die Schokoladenseite so zu erklären, dass im Schnitt mehr Aufschläge cross an die Glaswand platziert werden. Kannst Du die mit der Rückhand returnieren, eignet sich der eher kurz geschlagene Rückhand-Slice besser für schnelle, gefühlvolle Returns als die eher lang geschwungene Vorhand. Die wiederum ist der bessere Schlag für die oft gespielten flachen Bälle in die Mitte der hinteren Scheibe, die dann aus einer tiefen Position mit Speed zurückgespielt werden müssen. Somit bilden aus Wettkampf-Sicht ein/e LinkshänderIn und ein/e RechtshänderIn die ideale Paarung mit zwei dem Glas zugewandten Rückhänden auf den Returnseiten.
Zum Vergleich: Im Tennis gibt es die Festlegung auf eine Seite selbst im Profitennis kaum, sieht man einmal von den Doppelspezialisten in den Weltranglisten ab. Auch im hochklassigen Clubtennis werden die Doppel teilweise so aufgestellt, dass der vermeintlich sicherere Returnspieler auf der Rückhandseite steht. Das hat den Vorteil, dass er die spielrelevanten Vorteils-Punkte, also 30/40 oder 40/30 returniert und somit die Chancen geringer sind, durch einen Return-Fehler bei den „engen Punkten“ zu patzen.
Das ist im Padel durch die No-Ad-Regel eher irrelevant, weil beim spielrelevanten Punkt nach dem Einstand die returnierende Paarung ja aussuchen darf, auf welche Seite der Aufschlag zum spielentscheidenen Punkt erfolgt. Und da wird dann in der Regel die oder der returnstärkere SpielerIn für den entscheidenden Rückschlag ausgewählt.
Tipp: frühzeitig die eigene Schokoladenseite definieren
Beim reinen Spaß-Padel ist es selbstverständlich völlig unerheblich, wer auf welcher Seite spielt. Wenn Du aber hin und wieder oder regelmäßig an Turnieren teilnimmst und dazu meist mit einer festen Partnerin oder einem festen Partner spielst, dann ist es durchaus sinnvoll, wenn Du Dich generell für eine Seite entscheidest. Prinzipiell gilt dafür im Anfänger- und Fortgeschrittenen-Bereich, dass dies wohl eher die Seite ist, bei der Du Dich beim Return wohler fühlst, bei vielen Tennisspielerinnen und Tennisspielern ist das ganz klar die Vorhandseite. Andererseits willst Du als Turnierspielerin oder Turnierspieler ja Fortschritte im Padel machen. Daher lohnt sich die Überlegung, sich wie die Profis nach der „Händigkeit“, also als LinkshänderIn rechts und als RechtshänderIn links festzuspielen und die Rückhand fleißig zu verbessern, das wird langfristig der bessere Weg sein.
Autor: Christian Bonk